Seit fast 20 Jahren haben meine Mitarbeiterinnen und ich versucht, eine fetalmedizinische Versorgung für die Vorarlberger Bevölkerung zu etablieren. Dies war nur mit großem Engagement von uns allen möglich. Damit alle Frauen zeitnah einen Untersuchungstermin erhalten, haben wir regelmäßig länger als unsere Ordinationszeiten gearbeitet und wenn notwendig, die Ordination zeitweise auch an Samstagen geöffnet. Unsere Honorare waren deutlich unterhalb der in Österreich für gleichwertige Leistungen üblichen Tarife und damit alle Patientinnen eine zeitgemäße fetalmedizinische Versorgung in Anspruch nehmen können, sind wir bei Notwendigkeit auch mit für uns nicht kostendeckenden Sozialtarifen den Frauen entgegengekommen.
Leider haben sich in den letzten Jahren die Arbeitsbedingungen für unser Team zusehends verschlechtert. Regelmäßig werden nun meine Arztassistentinnen von Patientinnen beschimpft. Patientinnen kommen oft zu spät zur Untersuchung, zumeist ohne sich dafür zu entschuldigen. Häufig versäumen Patientinnen einen für sie reservierten Termin. In den social media wurden unwahre Behauptungen verbreitet, um uns zu diskreditieren.
Das Klima in der Gesellschaft ist rauer geworden. Was früher die seltene Ausnahme war, erleben wir nun regelmäßig. Dies betrifft alle Sozialberufe und nicht nur die Medizin. Beispielhaft für diese, wie ich meine, ungesunde Entwicklung ist das Urteil des österreichischen OGH, der entschieden hat, dass eine App zur anonymen Beurteilung von Lehrer:innen zulässig ist, weil sonst Schüler keine Bewertung abgeben würden und dies eine Gefahr für die Meinungsäußerungsfreiheit darstellen würde (Kleine Zeitung 19.02.2022). Damit wird von oberster Stelle impliziert, dass Meinungen offensichtlich nur mehr im Schutz der Anonymität geäußert werden können. Dies ist beispielhaft dafür, dass persönliche Verantwortung nicht mehr gefordert wird.
Wenn von politischer und legistischer Seite keine geeigneten Maßnahmen getroffen werden, wird sich der Personalmangel bei den Sozialberufen wie Lehrer:innen, Pfleger:innen und Ärzt:innen weiterhin verstärken.
Zum Schutz meiner Mitarbeiterinnen und mir habe ich mich entschieden die Organisation der Ordination zu ändern. Damit soll unsere Arbeit wieder jenen Wert erhalten, der ihr aufgrund der hohen Qualität und unseres großen Engagements zusteht.